Vortrag mit musikalischer Darbietung – eine Veranstaltung des Freundeskreises der Forschungsbibliothek Gotha e.V.
Der Freundeskreis der Forschungsbibliothek Gotha e.V. lädt alle Interessierten sehr herzlich am 21. März, um 18.15 Uhr, zu einem Vortrag mit musikalischer Umrahmung in den Spiegelsaal auf Schloss Friedenstein ein. Paul Neuendorf (Bad Nauheim) wird sich unter dem Titel „Ein feste Burg in Konstantinopel?“ mit den Liedübersetzungen des Tübinger Altphilologen Martin Crusius (1526–1607) für die Griechisch-Orthodoxe Kirche beschäftigen. Dabei wird er musikalisch von der Sängerin Anna Kellnhofer (Weimar) und der Musikerin Susanne Herre (Erfurt) auf der Laute begleitet.
Unter den zahlreichen Handschriften der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt zur Reformationsgeschichte befindet sich eine besondere Kuriosität: eine Sammlung von mehr als 50 lutherischen Liedern in altgriechischer Übersetzung mit entsprechenden Auslegungen. Lange blieb der Zweck dieser Arbeit ein Rätsel. Sollten diese Übersetzungen ebenso wie lateinische Lieder in den humanistisch geprägten Schulen gesungen werden, um das Erlernen der alten Sprache zu erleichtern? Die Antwort auf diese Frage führt zu dem bedeutenden Philhellenen Martin Crusius, dessen Liebe zu allem Griechischen ihn veranlasste, jahrzehntelang die deutschen Predigten der Tübinger Theologen während des Gottesdienstes simultan in Altgriechische zu übersetzen. Bis zu seinem Lebensende sollten so ca. 6.500 handschriftliche Predigtübersetzungen entstehen. Seit 1573 bemühte er sich mit seinen Tübinger Kollegen Stephan Gerlach (1546–1612), damals Botschaftsprediger an der Hohen Pforte in Konstantinopel, und Jakob Andreae (1528–1590) um nichts Geringeres als eine Kirchenunion zwischen der Griechisch-Orthodoxen Kirche und dem Luthertum. Zu diesem Anlass verfertigte Martin Crusius auch die erwähnten 50 lutherischen Kirchenlieder in griechischer Übersetzung, die er über Dänemark und Moskau nach Griechenland zu senden gedachte.
Der Altphilologe und Doktorand Paul Neuendorf studierte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und lehrte dort und an der Freien Universität Berlin Altgriechisch. Seit 2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften im Rahmen des Projekts „Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550–1620)“. Die Sopranistin Anna Kellnhofer studierte u.a. Gesang und Musiktheater an der Hochschule für Musik in Weimar. Seit 2007 ist sie als freischaffende Sängerin in Zusammenarbeit mit verschiedenen Ensembles wie dem Cantus Thuringia & Capella vor allem zur Musik des Mittelalters, der Renaissance und des Barock tätig. Die Musikerin Susanne Herre erlernte zunächst das Instrument der Mandoline an der Musikschule Erfurt. Später begann sie sich zunehmend für die historische Aufführungspraxis zu interessieren und erlernte die Instrumente Viola da Gamba und Laute. Sie hat mit bekannten Ensembles der Alten Musik wie Vox Luminis gespielt und ist regelmäßiger Gast an der Oper Frankfurt.
Vortrag und Vertonungen werden erstmals bei dieser Veranstaltung aufgeführt. Der Eintritt ist frei, um eine Spende für den Freundeskreis wird jedoch gebeten.