Theater am Himmel
Die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt lädt alle Interessierten zum Vortrag „Theater am Himmel. Die Bedeutung himmlischer Erscheinungen zwischen Theologie und Wissenschaft bei Stanisław Lubieniecki (1623–1675)“ von Dr. Michael Weichenhan (Emden) am Mittwoch, 18. September, ein. Beginn ist um 18.15 Uhr im Herzog-Ernst-Kabinett auf Schloss Friedenstein. Der Eintritt ist frei.
Kometen riefen in der frühen Neuzeit Neugier und Furcht hervor. Denn die spektakulären Lichter am nächtlichen Himmel schienen mit allerlei Unglück verbunden zu sein. Eine Annahme, die 1618 durch gleich drei Kometenerscheinungen bestätigt worden zu sein schien, hatten sie doch den Beginn des Dreißigjährigen Krieges gleichsam angekündigt. Stand eine ähnliche Katastrophe bevor, als erst im Winter 1664, dann im Mai 1665, erneut Kometen sichtbar wurden? Was hatte es überhaupt mit diesen merkwürdigen Gebilden am Himmel auf sich?
Nicht nur der polnische Gelehrte Stanisław Lubieniecki, Angehöriger der häretischen Bewegung der Sozinianer, stellte sich derartige Fragen. Lubieniecki fasste den Entschluss, seine zahlreichen Korrespondenzpartner zu ihren Beobachtungen der Kometen zu befragen, ihre Antworten, die neben astronomischen Daten auch naturphilosophische Theorien und astrologische Interpretationen enthielten, zu sammeln und in einem umfangreichen Werk zu publizieren. Das 1668 in Amsterdam erschienene „Theatrum cometicum“ bietet auf rund 1.000 Seiten eine Sammlung von unterschiedlichen Auffassungen über jene beiden Kometen. Es erlaubt einen Einblick in verschiedene Interpretationsweisen himmlischer Erscheinungen und zeigt, dass sich neben Furcht und Neugier ein wissenschaftliches Interesse an den Kometen durchzusetzen begann. Der Vortrag in Gotha wird auf einige dieser Positionen innerhalb des konfessionsübergreifenden Netzwerkes Lubienieckis eingehen und schließlich auch die Frage zu beantworten versuchen, warum der Gelehrte, der selbst kein Astronom war, es auf sich nahm, ein derart aufwändiges Sammelwerk überhaupt in den Druck zu geben.
Michael Weichenhan studierte Theologie, lateinische Philologie und Geschichte der exakten Wissenschaften in Berlin und Hamburg. Er wurde 2003 in Berlin zu den Kometenerscheinungen des 16. und 17. Jahrhunderts promoviert und lehrt unter anderem an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Seit März 2019 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Johannes A Lasco-Bibliothek Emden an der kritischen digitalen Edition von Lubienieckis Briefwechsel im Zusammenhang dem „Theatrum cometicum“ beteiligt.
Im Anschluss an seinen Vortrag findet ein Empfang des Freundeskreises der Forschungsbibliothek Gotha e.V. statt.
Weitere Informationen / Kontakt:
Dr. Sascha Salatowsky
Tel. +49 (0) 361/737-5562
E-Mail: sascha.salatowsky@uni-erfurt.de