Internationale Tagung:
Veit Ludwig von Seckendorff – Politik, Gelehrsamkeit und Adel im 17. Jahrhundert
Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt
Schloss Friedenstein
Herzog Ernst Kabinett
01.03.2023 – 03.03.2023
Leitung: Jacob Schilling, M. A.
Organisation: PD Dr. Monika Müller, Eva-Maria Ansorg, Kerstin Rink
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
Mit freundlicher Unterstützung des Freundeskreises der Forschungsbibliothek Gotha e.V.
Der Gelehrte und Staatsmann Veit Ludwig von Seckendorff (1626 – 1692) gilt als einer der wichtigsten Exponenten der Gelehrtenrepublik zwischen Dreißigjährigem Krieg, Pietismus und beginnender Aufklärung. Er wird als Begründer der modernen, wissenschaftlich fundierten Verwaltungslehre angesehen und zählt zu den bedeutendsten Vertretern der christlichen Staatstheorie sowie der protestantischen Kirchengeschichte.
Seit seiner Jugend in unterschiedlichen Funktionen am Gothaer Hof, wechselte Seckendorff 1664 an die Verwaltungsspitze von Sachsen-Zeitz, bis er sich Ende 1681 nach Meuselwitz zurückzog. Hier widmete er sich dem Ausbau seiner Gutsherrschaft und blieb zugleich als Direktor der Landstände des Fürstentums Altenburg der Politik verbunden. Kurz vor seinem Tod wurde er zum Gründungskanzler der Universität Halle ernannt.
In seinen Büchern und zahlreichen Gutachten befasste sich Seckendorff mit Geschichte, Philosophie, Bildungsfragen, Politik- und Verwaltungslehre, dem Natur- und Völkerrecht, aber auch mit Oratorik. Sein Buch über den “Fürsten-Stat” (1656) und der “Commentarius de Historia Lutheranismi” (1688/1692) wurden bis weit in das 18. Jahrhundert neu herausgegeben und in mehrere Sprachen übersetzt.
Die Forschung hat bislang vor allem das gedruckte Werk Seckendorffs berücksichtigt, aber seine jahrzehntelange praktische Arbeit in fürstlichen Diensten ebenso wie seinen umfangreichen handschriftlichen Nachlass mit einer Fülle von Dokumenten zu Leben und Wirken weitgehend vernachlässigt.
Diese Lebenszeugnisse und seine umfangreiche politische, diplomatische, gelehrte, aber auch private Korrespondenz sind heute auf über 30 Archive und Bibliotheken in der Bundesrepublik und auch im Ausland verstreut. Die etwa 7800 Dokumente werden seit 2020 im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts in der Forschungsbibliothek Gotha erschlossen und im Verbundkatalog Kalliope verzeichnet.
Schon jetzt deutet sich an dem neu erschlossenen Material an, dass das bisherige Bild von Seckendorffs Leben und Wirken auf der Basis der einmaligen Quellenüberlieferung einer grundlegenden Weitung und Ergänzung bedarf sowie in Teilen auch zu korrigieren ist. So sind der Privatmann, dessen Familie sowie der umfangreiche Gutsbesitz noch völlig unerforscht, obwohl die Quellen hierzu besonders umfangreich sind. Auch sein Verhältnis zum Pietismus sowie seine Verwaltungstätigkeit für verschiedene Fürsten werden nun sehr viel greifbarer. Gleiches gilt auch für seine gelehrte Tätigkeit, die sich in zahlreichen Manuskripten niederschlägt. Die umfassende und komparatistische Erforschung des Werks und der Person Seckendorffs ist somit ein dringendes Desiderat. Sie soll durch die interdisziplinär ausgerichtete, internationale Tagung „Veit Ludwig von Seckendorff – Politik, Gelehrsamkeit und Adel im 17. Jahrhundert“ wichtige Impulse erhalten. Mit Vorträgen aus den Bereichen der Geschichtswissenschaft, der Theologie und Kirchengeschichte, der Philologie sowie der Buch- und Bibliothekswissenschaft soll Veit Ludwig von Seckendorff in der Gesamtheit seiner Rollen und Wirkungsbereiche als Gelehrter, Politiker und Adliger untersucht sowie vergleichend in der Gelehrtenrepublik des 17. Jahrhunderts kontextualisiert werden. Die Tagung wird vom wissenschaftlichen Beirat des DFG-Projektes unterstützt, zu dem Prof. Dr. Veronika Albrecht-Birkner/Siegen, Dr. Frank Grunert/Halle, Dr. Thomas Töpfer/Leipzig und Prof. Dr. Miloš Vec/Wien gehören.
Programm (Stand 13.02.2023)
Mittwoch 01.03.2023
13:00 | Begrüßung Dr. Kathrin Paasch (Gotha) |
13:15 | Einführung Jacob Schilling, M. A. (Halle/Saale) |
I. Politik und Verwaltung in Gotha und Zeitz (Moderation: Dr. Thomas Töpfer/Leipzig)
13:30–14:30 | Dr. habil. Steffen Arndt (Gotha): „Der Hof war einem Kloster zu vergleichen. Alles üppige Wesen wurde nach aller Möglichkeit daraus verbannt und abgehalten.“ Einrichtung und Verwaltung von Staat und Hof unter Herzog Ernst dem Frommen |
14:30–15:30 | Jacob Schilling (Halle/Saale): „La veille d’une guerre universelle“. Seckendorff und der Holländische Krieg (1672–1679) |
15:30–16:00 | Pause |
16:00–17:00 | Diskussion von Originalen |
17:00–18:00 | Dr. Daniel Gehrt (Gotha): Ein Blick in die Werkstatt von Veit Ludwig von Seckendorffs „Historia Lutheranismi“ |
18:00–20:00 | Pause |
20:00 | Abendvortrag Prof. Dr. Robert von Friedeburg (Lincoln, UK): Der Deutsche Fürstenstaat (mit anschließendem Sektempfang) |
Donnerstag 02.03.2023
II. Gelehrsamkeit am Hof (Moderation: Dr. Frank Grunert/Halle)
09:00–10:00 | Prof. Dr. Axel E. Walter (Eutin): Seckendorffs „Kurtzer Entwurf“ einer Vita von Ernst dem Frommen im Vergleich mit der offiziellen Memorialpolitik der Dynastie |
10:00–11:00 | Prof. Dr. Gábor Gángó (Budapest/Erfurt/Padua): Im Zeichen des christlichen Naturrechts: die Dreieckkommunikation zwischen Johann Christian von Boineburg, Johann Heinrich Boecler und Veit Ludwig von Seckendorff |
11:00–11:45 | Pause |
11:45–12:45 | Andreea Badea (Frankfurt/Main): Die Geschichte der anderen. Katholische Historiographie und interkonfessionelle Polemik um 1700 |
12:45–13:45 | Mittagessen |
13:45–15:30 | Führung durch die Forschungsbibliothek |
15:30–16:00 | Pause |
III. Reichsritterschaft und landsässiger Adel im Alten Reich (Moderation: Dr. Daniel Gehrt)
16:00–17:00 | Sven Dittmar, MA (Mainz): Zwischen Feder, Schwert und Talar – Karrierewege fränkischer und rheinischer Reichsritter |
17:00–18:00 | Dr. Björn Schmalz (Merseburg): Veit Ludwig von Seckendorff als Lehrmeister. Adelserziehung und -ausbildung im Spannungsfeld von Religiosität und Wissenschaft |
Freitag 03.03.2023
IV. Konfessionelle Kontroversen des 17. Jahrhunderts (Moderation: Prof. Dr. Veronika Albrecht-Birkner/Siegen)
09:00–10:00 | Gerd Sundermann (Sissach/Schweiz, CH): Zwischen Anerkennung und Scheitern – Propst Philipp Müller (1640-1713) |
10:00–11:00 | Dr. Klaus Vom Orde (Halle/Saale): Gemeinsame Bemühung um eine Verbesserung der Kirche. Philipp Jacob Spener und Veit Ludwig von Seckendorff |
11:00 | Schlussdiskussion |