Nächster Vortrag der Reihe „Gotha Manuscript Talks“
In den Jahren nach dem Rückzug der Osmanen aus Wien im Jahr 1683 kamen mit den zurückkehrenden Soldaten und reisenden Händlern zahlreiche orientalische Objekte nach Westeuropa, die aus den eroberten Städten des osmanischen Europas geplündert worden waren. In kurzer Zeit gelangten Hunderte von sogenannten Türkenbeute-Manuskripten in Privatsammlungen und zirkulierten als Kriegstrophäen, exotische Souvenirs und Objekte der Wissenschaft. Einige dieser Manuskripte enthalten Eintragungen, die die Umstände ihrer Plünderung beschreiben und ein Licht auf die Gewalt werfen, die der Eroberung folgte. Auf den Vorsatzblättern anderer Manuskripte finden sich Spuren der Legenden, die über sie erzählt wurden, ferner Beschreibungen zu ihrem Status als Geschenk oder Angaben zu ihrer Provenienz als Teil von großen Sammlungen. Andere Eintragungen geben Einblicke in ihre früheren osmanischen Leser und in die Welt, aus der sie gerissen wurden.
In dem Vortrag wird anhand verschiedener Quellen – Briefe, wissenschaftliche Werke und die Manuskripte selbst – die „Biographie“ der geraubten Manuskripte nachgezeichnet, wobei der Schwerpunkt auf der Zerstreuung der Budaer Sammlungen im Jahr 1686 liegt. Der Weg, den die Budaer Handschriften zurücklegten, zeigt sowohl die große Reichweite von „Türkenbeute“ als auch den allgemeinen Wandel in der deutschen Orientalistik hin zum Studium der islamischen Quellen.
Paul Babinski ist Postdoktorand im ERC-Synergieprojekt „The European Qur’an. Islamic Scripture in European Culture and Religion 1150-1850 (EuQu)“ an der Universität Kopenhagen. Seine Arbeit konzentriert sich auf die frühneuzeitliche orientalistische Wissenschaft und die Bewegung philologischen Wissens zwischen dem Nahen Osten und Westeuropa. Derzeit schreibt er ein Buch darüber, wie frühmoderne Orientalisten den Koran lasen.
Video zur Veranstaltung:
Hinweise zur Reihe:
Die Forschungsbibliothek Gotha bewahrt die drittgrößte Sammlung orientalischer Handschriften in Deutschland. Diese etwa 3.400 Handschriften, die überwiegend um 1800 in die Bibliothek gelangten, sind relevant für alle Wissenschaftsfelder und werfen ein Licht auf die unterschiedlichsten Aspekte von Manuskriptkulturen. Mit der Einladung renommierter Forscher*innen zu den Gotha Manuscript Talks möchte die Forschungsbibliothek Gotha ausgehend vom Material in einer Webinar-Reihe Impulse für einen verstärkten Austausch zu Manuskriptkulturen über Fachgrenzen hinweg geben und Forscher*innen und Interessierte miteinander ins Gespräch über orientalische Handschriften bringen. Alle Vorträge finden in englischer Sprache statt.
Die Veranstaltung ist über den folgenden Link zu erreichen: https://uni-erfurt.webex.com/meet/veranstaltungen.fb. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Ausführliche Informationen zur Reihe erhalten Sie auch auf der Homepage: https://www.uni-erfurt.de/en/gotha-research-library/library/current-events/cultural-events/gotha-manuscript-talks/current-events-of-the-gotha-manuscript-talks.
Kontakt:
Dr. Feras Krimsti
Wissenschaftlicher Referent für die orientalische Handschriftensammlung
Forschungsbibliothek GothaTel. +49 (0)361 737 5566
E-Mail: feras.krimsti@uni-erfurt.de