Gothaer Bibliotheksgespräch über die illustrierte Prachthandschrift von Ovids „Metamorphosen“

/ Oktober 25, 2021

Die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt lädt alle Interessierten sehr herzlich zur nächsten Online-Veranstaltung der Gesprächsreihe „Gothaer Bibliotheksgespräche“ am 10. November 2021 um 18.15 Uhr ein. Im Gespräch stellen Prof. Dr. Dieter Blume (Jena) und Prof. Dr. Christel Meier-Staubach (Münster), die Experten und Herausgeber der zweibändigen monumentalen Studie „Petrus Berchorius und der antike Mythos im 14. Jahrhundert“ die Ergebnisse des von 2013 bis 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts in Verbindung mit der dabei erstellten Textedition vor.

 

 

Im Zentrum wird dabei der um 1348 in Bologna entstandene Prachtcodex Memb. I 98 der Forschungsbibliothek Gotha mit der allegorischen Ausdeutung von Ovids Metamorphosen stehen. In 103 Miniaturen wurde mit großzügig verwendetem Gold und leuchtenden Farben ein faszinierender Kosmos der Mythologie dargestellt – fertig ausgemalt wurde die Prachthandschrift allerdings nicht. Ihr Text geht auf den Benediktinermönch Petrus Berchorius (gest. 1362) zurück, der in seinem Ovidius moralizatus die auf die meisten Menschen des 14. Jahrhunderts sperrig und fremd wirkende Gedankenwelt Ovids mit der Erfahrungswelt seiner Gegenwart verband. Diese Verbindung begründete wahrscheinlich auch den großen Erfolg des Werks, das heute noch in über 80 Handschriften erhalten ist.

Im Vordergrund von Berchorius‘ Ausdeutung der mythologischen Geschichten stehen ein moralisches Verständnis sowie eine ethische und gesellschaftliche Interpretation. Konzipiert hatte er den Ovidius moralizatus als Werk, das den Klerikern leicht zugängliches Anschauungsmaterial für ihre Predigten zur Verfügung stellen sollte. Berchorius favorisierte mit seiner Arbeit die Ausdeutung der Mythen in Analogie zur Exegese der Bibel – eine Aufwertung des Mythos und der Poesie, die manchen Theologen suspekt war und 1559 zur Indizierung des Werks auf dem Trienter Konzil führte. Für einen neuen und aktualisierten Zugang zu den antiken Geschichten war sein Schaffen jedoch geradezu bahnbrechend.

Das Gespräch richtet sich an Experten und alle an der mittelalterlichen Buchkunst interessierten Zuhörer*innen. Es wird um die Klärung von Fragen gehen wie: Wer war der Auftraggeber? Wie funktionieren die Bilder? Warum war überhaupt eine allegorische Auslegung der Metamorphosen notwendig? Warum wurde diese prachtvolle Handschrift nicht fertiggestellt? Und warum hat sich aus dem deutschsprachigen Raum keine solche Handschrift erhalten?

Prof. Dr. Dieter Blume war von 1994 bis 2018 Professor für Kunstgeschichte des Mittelalters an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Während dieser Zeit leitete er u.a. das Forschungsprojekt „Bild und Wissenschaft – Geschichte der Sternbilderdarstellungen von 800 bis 1500“. Die Ergebnisse des Projekts wurden 2012 und 2016 in insgesamt fünf Bänden publiziert. Von 2003 bis 2004 hielt Prof. Dr. Blume die Richard-Krautheimer-Gastprofessur an der Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, in Rom inne. Gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Werner war er ferner von 2005 bis 2007 Leiter der Forschergruppe zu Vorbereitung der Dritten Thüringer Landesausstellung „Elisabeth von Thüringen – Eine europäische Heilige“ auf der Wartburg. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Malerei und Skulptur des Mittelalters und der Renaissance.

Prof. Dr. Christel Meier-Staubach ist Senior-Professorin am Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Von 1995 bis 2010 war sie Direktorin an diesem Seminar. In dieser Zeit war sie u.a. Sprecherin des SFB 231 „Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ sowie Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mittellatein Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. 2005 erhielt sie den Forschungspreis der Universität Münster. 2018/19 hatte sie ein Fellowship in der „Kolleg-Forschergruppe BildEvidenz. Geschichte und Ästhetik“ an der Freien Universität Berlin. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte liegt in der Mittellateinischen Literatur in komparatistischer Perspektive.

Es moderiert PD Dr. Monika Müller. Sie ist Leiterin der Abteilung „Sammlungen und Bestandserhaltung“ der Forschungsbibliothek Gotha.

Die Veranstaltung ist über den folgenden Link zu erreichen: https://uni-erfurt.webex.com/meet/veranstaltungen.fb.

Kontakt:
PD Dr. Monika Müller
Leiterin der Abteilung „Sammlungen und Bestandserhaltung“
Tel. +49 (0)361 737 5561
E-Mail: monika.mueller@uni-erfurt.de

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