„Für alle Zeiten unzertrennt“. Das Testament Friedrichs IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg von 1824
Dass die Gothaer Kunst- und Kulturschätze – d.h. die Handschriften, die historischen Bücher und auch die Kunstsammlungen – zu großen Teilen noch vor Ort sind, verdanken die Forschungsbibliothek und die Stiftung Schloss Friedenstein ganz wesentlich einer weitblickenden Fügung: dem Testament Herzog Friedrichs IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Die historische Entwicklung sei aus Anlass des 375-jährigen Jubiläums der Forschungsbibliothek als Nachfolgeinstitution der Herzoglichen Bibliothek kurz berichtet.
Minister Bernhard von Lindenau (1779–1854) führte 1820 aufgrund der Staatsschulden des Herzoghauses Sachsen-Gotha-Altenburg und der Privatschulden des regierenden Herzogs August (1772–1822) ein „Sparsamkeitssystem“ ein.1Sabine Hofmann, Bernhard August von Lindenau im Dienste ernestinischer Fürsten, in: Lindenau-Museum Altenburg (Hg.), „Ein ebenso schöner, wie gestreicher Mann…“. Bernhard August von Lindenau im Dienste der Wettiner, Altenburg 2016, S. 9–17, hier: S. 14. Neben der Eindämmung der Schulden sah es Lindenau als eine seiner vordringlichsten Aufgaben, angesichts der fehlenden männlichen Nachkommen des Herzogs den Zerfall des Herzogtums und die damit verbundene Auflösung der wissenschaftlichen Bibliothek und der Kunstsammlungen auf Schloss Friedenstein zu verhindern. Nach dem Tod Augusts im Jahr 1822 führte Lindenau die Regierungsgeschäfte weiter. Denn Augusts Bruder, der als Friedrich IV. (1774–1825) die Regierung übernahm, trat wegen seiner Krankheit kaum als Regent in Erscheinung und hielt sich für Kuren oftmals außerhalb Gothas auf. Der Bibliotheksdirektor Friedrich Jacobs (1764–1847) sprach von einer „tiefen Stille“, die in dieser Zeit auf „dem verödeten Friedenstein“ herrschte und die Zusammenführung der Handbibliotheken der fürstlichen Familie in der Herzoglichen Bibliothek begünstigte.2Friedrich Jacobs, Zur Geschichte der Bibliothek, in: Friedrich Jacobs/Friedrich August Ukert (Hg.), Beiträge zur ältern Litteratur oder Merkwürdigkeiten der Herzogl. öffentlichen Bibliothek zu Gotha, Bd. 1, Leipzig 1835, S. 1–62, hier S. VII.
Auf diese Zusammenführung hatte Lindenau hingewirkt. Im Testament Friedrichs IV. vom 13. Dezember 1824 stehen die Sammlungen und Bibliotheken im Mittelpunkt. Es trägt nicht nur Lindenaus Handschrift, sondern wurde auch von dem Minister gegengezeichnet.
An erster Stelle steht im Testament die öffentlich zugängliche Herzogliche Bibliothek. Daneben zählt es die zu integrierenden Handbibliotheken der Herzöge und die „von Herzog August gesammelte Orientalische Bibliothek“, d.h. die Sammlung von arabischen, persischen und türkischen Handschriften, auf. Außerdem werden die Bibliotheken auf den Lustschlössern Friedrichswerth und Molsdorf und die Bibliothek, die der Bibliotheksdirektor Julius Carl Schläger (1706–1776) der Herzogliche Bibliothek verkaufte, benannt.3Von Gottes Gnaden Wir Friederich Herzog zu Sachsen […] thun hiermit kund und verordnen folgendes […]. Gotha, 13. Dezember 1824 (LATh StA Gotha, Geheimes Archiv YY (HXII) VIIa, f. 1r–6v, hier: f. 3v).
Alle Sammlungen sollten, so der letzte Wille des Herzogs, „für alle künftigen Zeiten […] in ihrem Wesen unzertrennt, und in gutem Stande erhalten werden, auch den Wissenschaften und Künsten, folglich dem Publicum zum Nutzen und zweckmäßigen Gebrauch stets gewidmet bleiben“.4Von Gottes Gnaden Wir Friederich Herzog zu Sachsen […] thun hiermit kund und verordnen folgendes […]. Gotha, 13. Dezember 1824 (LATh StA Gotha, Geheimes Archiv YY (HXII) VIIa, f. 1r–6v, hier: f. 5r). Auch sollten sie „nie von der Hauptstadt Gotha getrennt, oder an einem andern Orte aufgestellt werden“.5Von Gottes Gnaden Wir Friederich Herzog zu Sachsen […] thun hiermit kund und verordnen folgendes […]. Gotha, 13. Dezember 1824 (LATh StA Gotha, Geheimes Archiv YY (HXII) VIIa, f. 1r–6v, hier: f. 5v). Dieser Fideikommiss ermöglichte den Erhalt der Sammlungen auf Schloss Friedenstein auch nach dem Erlöschen des Herzoghauses und der Gründung des Doppelherzogtums Sachsen-Coburg und Gotha. Erst im 20. Jahrhundert wurden durch die seit 1928 eingesetzte Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’sche Stiftung für Kunst und Wissenschaft bedeutende Teile veräußert, am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Coburg verbracht und später verkauft.6Vgl. dazu Cornelia Hopf, „… als entbehrlich ausgeschieden“. Der Verkauf von Handschriften und Alten Drucken der heutigen Forschungsbibliothek Gotha 1930–1942, in: Kulturstiftung der Länder/Forschungsbibliothek Gotha (Hg.), Das Gothaer Stundenbuch, Gotha 2007, S. 33–44; Dies., „… vor dem Einmarsch der Russen nach Koburg zu transportieren.“ Die Verlagerung von Zimelien der heutigen Forschungsbibliothek Gotha 1945 und ihr anschließender Verkauf, in: Uwe Hartmann (Hg.), Kulturgüter im Zweiten Weltkrieg. Verlagerung – Auffindung – Rückführung, Magdeburg 2007, S. 197–232.
Kathrin Paasch
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