Vom Fremden erzählen. Reiseberichte aus fünf Jahrhunderten

/ April 5, 2023

Jahresausstellung der Forschungsbibliothek – 16. April bis 11. Juni 2023

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen, dichtete einst Matthias Claudius (1740 – 1815). In der Forschungsbibliothek Gotha erzählen viele Handschriften und Drucke über Reisen in nahe und ferne Regionen. Darunter sind nicht nur kostbar illuminierte spätmittelalterliche Berichte über Pilgerreisen ins Heilige Land (Abb. 1),

Abb. 1 Konrad Grünemberg, Bericht über die Pilgerfahrt ins Heilige Land 1486, Konstanz /Bodenseegebiet, um 1490, Bl.7v-8r: Venedig mit Dogenpalast, Campanile und Markuskirche

Abb. 2 Reisejournal der Prinzen Johann August und Christian Wilhelm von Sachsen-Gotha-Altenburg, Bd. 2 (Chart. B 1541)

Berichte von den Kavalierstouren der ernestinischen Prinzen (Abb. 2) sowie frühneuzeitliche Reisetagebücher von Gelehrten wie dem Jenaer Theologen Johann Ernst Gerhard oder dem Orientreisenden Ulrich Jasper Seetzen.

Vielmehr erwarben die Gothaer Herzöge auch zahlreiche durch Kupferstiche illustrierte Beschreibungen der Neuen Welt (Abb. 3), außerdem Berichte über Expeditionen und Entdeckungsfahrten wie die zweite Weltumsegelung von James Cook, über die Georg Forster in einem viel beachteten Werk ausführte.

Doch was erzählen diese Berichte? Das, was die Reisenden tatsächlich vor Ort gesehen hatten oder das, was in ihrer Erinnerung hängen geblieben war und bei der Reinschrift zu Hause mit Versatzstücken aus längst veröffentlichter Reiseliteratur angereichert wurde? Auf welche Erzähl- und Bildtradition wurde bei der Abfassung Rücksicht genommen? Ab wann kann man von Reiselust sprechen und wie änderten sich die Berichte im Laufe der Jahrhunderte? Wie reisten Angehörige unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten? Welche Rolle spielten kommerzielle Überlegungen über den Absatz einer Druckauflage bei der Anfertigung eines Reiseberichts?

Abb. 3 Guilelmi Pisonis De Indiae utriusque re naturali et medica, Amsterdam 1658 (Math. 2° 130c/4): Titelblatt

Die Ausstellung möchte einen Einblick in die reichen Bestände an Reiseberichten aller Art in der Forschungsbibliothek Gotha geben. Zu sehen ist, wie Reisende die Fremde erlebten, von welchem Weltbild und Bildwissen sie geprägt waren, was sie beeindruckte und wie die Sammlung der Gothaer Herzöge entstand.

Die Ausstellung ist in sechs Sektionen gegliedert, d.h. Weltbild und Reisen in Antike und Mittelalter; die Neue, durch Entdeckungs- und Forschungsreisen erschlossene Welt; andere Völker, fremdes Aussehen; Reisen in Theorie und Praxis; Expansion: Neuland, Kolonialisierung, Handel sowie Gelehrsamkeit und Wissenschaft, Bildung und Information.

Link zum Flyer

Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr sowie an den Feiertagen 1. Mai und 29. Mai 2023 geöffnet.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog, erhältlich im Buchhandel und in der FB Gotha: Monika E. Müller (Hrsg.), Vom Fremden erzählen. Reiseberichte aus fünf Jahrhunderten, Gotha 2023.

Führungen durch die Ausstellung

Mittwochsführungen: 26. April, 3. Mai, 17. Mai, 31. Mai und 7. Juni – jeweils 13 Uhr

Kuratorenführungen durch die Ausstellung: Mittwoch, 19. April, 10. Mai und 24. Mai – jeweils 17 Uhr; Samstag, 20. Mai und 10. Juni – jeweils 14 Uhr

Treffpunkt: Schloss Friedenstein, Spiegelsaal (Herzogliches Treppenhaus, 2. Etage, linke Seite)

Weitere Information unter https://uni-erfurt.de/go/fbg-ausstellungen

BEGLEITPROGRAMM ZUR AUSSTELLUNG

Samstag, 29. April | 15 bis 17 Uhr | Spiegelsaal, Schloss Friedenstein
„Mit Phantasie und Buchstaben in ferne Länder“
Lesung für Kinder. Eine Aktion der Freundeskreise von Schloss Friedenstein Gotha

VORTRÄGE

Mittwoch, 3. Mai | 18.15 Uhr | Herzog-Ernst-Kabinett, Schloss Friedenstein
„Fremde Welten im Bild. Sehen und Darstellen um 1500“
Reisende um 1500 nahmen sogar Künstler mit in ferne Länder. Die nach der Rückkehr verfassten Reiseberichte enthalten jedoch nicht selten Darstellungen, die mit dem vor Ort Gesehenen nur bedingt etwas zu tun haben. Über die Hintergründe erfahren Sie mehr von Prof. em. Dr. Klaus Niehr (Osnabrück).

Mittwoch, 31. Mai | 18.15 Uhr | Herzog-Ernst-Kabinett, Schloss Friedenstein
„Paradiesvögel an den Rändern der Welt und der Phantasie – eine Symbolgeschichte“
Dass Paradiesvögel nicht nur „mit wunderschönen Farben gezieret“, sondern als Symbole für die Neue Welt, das irdische Paradies am Rande der Welt und Musterexemplar der schönen Zierde der Schöpfung verstanden werden konnten, erläutert Prof. Dr. Christian Freigang (Berlin).

HINWEIS:
Wir bitten um eine schriftliche Anmeldung zu den Veranstaltungen unter veranstaltungen.fb@uni-erfurt.de.

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