Gothaer Druck von Martin Luthers Freiheitsschrift zum UNESCO Weltdokumentenerbe erklärt

/ Oktober 12, 2015

Martin Luther: Von der Freyheyt eynisz Christen menschen. Wittenberg 1520. FB Gotha, Theol. 4° 224/8 (8).

Martin Luther: Von der Freyheyt eynisz Christen menschen. Wittenberg 1520. FB Gotha, Theol. 4° 224/8 (8).

Der in der Forschungsbibliothek der Universität Erfurt bewahrte Erstdruck „Von der Freyheyt eynisz Christen menschen“ des Reformators Martin Luther wurde im Oktober 2015 von der UNESCO im Rahmen ihres Programms Memory of the World (MOW) zum Weltdokumentenerbe erklärt.

Mit der Aufnahme ins UNESCO-Weltregister wird die Forschungsbibliothek Gotha für ihre Aktivitäten ausgezeichnet, kulturelles Erbe von außergewöhnlichem Wert vor Gedächtnisverlust und Zerstörung zu bewahren. Die Forschungsbibliothek Gotha unterstützt das UNESCO-Programm, indem sie weltweiten Zugang zu diesem kulturell bedeutsamen und historisch wichtigen Dokument gewährt.

Bei Luthers Freiheitsschrift handelt es sich um ein bedeutendes Frühwerk des Reformators, das er im Herbst 1520, zur Hochphase seiner Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche, veröffentlichte. Die Schrift richtet sich in deutscher Sprache an alle Menschen und thematisiert die Freiheitsfrage in religiöser (und nicht etwa politischer) Hinsicht. Die zweigeteilte Antwort, die Luther hierauf in Anlehnung an 1. Kor 9,19 gab, ist bekannt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemanden untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Der Mensch ist frei, insofern er nicht der Knecht der Kirche ist. Vielmehr ist es Jesus Christus, der als Mittler zwischen Gott und Mensch fungiert und den Menschen frei gemacht hat für ein Handeln, das sich nicht an den eigenen Werken orientiert, sondern im Vertrauen an die durch Christus erfolgte Rechtfertigung vor Gott vollzogen wird. Dabei kommt dem Glauben an das Wort Gottes eine entscheidende Bedeutung zu, so dass das reformatorische Prinzip sola scriptura (durch die Schrift allein) durch ein nicht minder reformatorisches Prinzip sola fide (durch den Glauben allein) ergänzt wird.

Die Freiheitsschrift Luthers war wie viele andere seiner Schriften aus dieser Zeit ein echter Verkaufsschlager. Nachdem sie sogleich ins Lateinische übersetzt worden war, erschienen fortlaufend neue Auflagen in beiden Sprachen. Seit 1521 erfolgten Übersetzungen in tschechischer, englischer, holländischer, spanischer, französischer und italienischer Sprache. Über die Höhe der Auflagen kann man nur Mutmaßungen anstellen, aber es waren sicherlich tausende von Exemplaren, die in Europa verkauft worden sind. Als Drucker der Erstauflage fungierte Johann Rhau-Grunenberg, der den Holzschnitt des Titelblatts mit einem weltlichen Schmuckrahmen versah, den er auch andernorts verwendet hat. Man sieht einen Pilger und Zecher, deren Schilde von zwei Delphinen gehalten werden. Oben und unten sind die Wappen des Kurfürstentums Sachsen und Wittenbergs abgebildet.
Der Erstdruck kam unter den Bibliothekar und lutherischen Theologen Ernst Salomon Cyprian in den Gothaer Bestand, der seit 1713 an der Herzoglichen Bibliothek tätig war. Rund um das Reformationsjubiläum 1717 erwarb Cyprian im Auftrag des Herzogs Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg eine große Anzahl von Alten Drucken und Manuskripten von Luther und vielen anderen Reformatoren der ersten, zweiten und dritten Generation. Mehr als 600 von Luthers Schriften wurden in Sammelbänden zusammengeführt, so auch der vorliegende, der 34 Schriften mehrheitlich aus dem Jahre 1520 und als Nummer 8 die Freiheitsschrift umfasst. Er ist in weißes Schweinsleder gebunden und ist auf dem Rücken mit der Aufschrift „Lutheri opera anno 1520 edita. Tom. X“ versehen.

Luthers Drucke und Handschriften – darunter 48 Autographen, die weltweit größte Sammlung an Tischreden und knapp ein Viertel seiner überlieferten Gesamtkorrespondenz – sind ein bedeutender Teil der herausragenden Bestände der Forschungsbibliothek Gotha zur Reformationsgeschichte. Zusammen mit den Handschriften und Alten Drucken zum Luthertum bilden sie eine Referenzsammlung für die Geschichte des mitteldeutschen Protestantismus vom 16. bis 18. Jahrhundert.

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